Stell dir deine Stadt mit mehr Radfahrern vor. Was würde sich ändern?
- Weniger Staus
- Sauberere Luft
- Ruhigere Straßen
- Mehr grüne und offene Flächen
- Gesündere Menschen
- Mehr Sicherheit im Verkehr
Klingt das nicht wie die Vision einer Zukunft, die wir uns alle wünschen?
Wir haben drei Menschen, die dafür arbeiten und für das Radfahren in der Stadt werben, um ihre Vision für die Zukunft gebeten.
Fernando Garcia – Fahrradbürgermeister von Madrid
„Ich habe die Vision einer Stadt mit immer weniger Autos, in der mehr Menschen auf dem Rad und zu Fuß unterwegs sind und die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Momentan haben wir noch das Problem, dass der Raum, den wir für aktive Mobilität und öffentliche Verkehrsmittel vorgesehen haben, nur ungefähr 20 % der Straßen umfasst. Die restlichen 80 % gehören dem Autoverkehr, wobei der nicht mal 30 % aller innerstädtischen Fahrten ausmacht.“
„In der Zukunft würden wir dem Auto deutlich weniger Raum geben, es gäbe mehr Flächen, auf denen sich Menschen treffen und Zeit miteinander verbringen könnten. Platz um sich zu treffen, zum Spielen und Kommunizieren. Madrid ist eine sehr gesellige Stadt, die Menschen sind gerne draußen auf den Straßen unterwegs, um Freunde zu treffen. Doch im Moment ist dies wegen der Autos und des Verkehrs in vielen Vierteln kaum möglich.“
„Meist sind nur junge und fitte Männer mit dem Rad in der Stadt unterwegs. Kaum Kinder, Ältere oder Menschen mit Beeinträchtigungen und deutlich weniger Frauen als Männer. Für eine inklusivere Radgemeinschaft müssen wir das Radfahren sicherer, bequemer, einfacher und attraktiver machen. Hierfür ist es notwendig, die Radfahrer vor den Abgasen und einer Gefährdung durch andere Verkehrsteilnehmer zu schützen. Das bedeutet nicht, jede Straße mit einer Fahrradspur zu versehen. Aber wir brauchen ein umfassendes Netzwerk an Radwegen durch die Stadt, die alle miteinander verbunden sind.“
„Meiner Ansicht nach liegt das Problem darin, den Übergang vom aktuellen Zustand hin zu unserer Wunschvorstellung zu schaffen. Es funktioniert nicht, über Nacht das Autofahren zu verbieten. Allerdings ließe sich ein Netzwerk mit geschützten Radspuren recht schnell realisieren, sogar in wenigen Jahren und nicht erst in Jahrzehnten. Das ist es, was sich die meisten Menschen wünschen. Der einzige Unterschied zwischen Städten, denen dies gelingt und solchen, die scheitern, liegt nicht in der Größe oder Komplexität des Vorhabens, sondern am politischen Willen, einen solchen Wandel hin zu aktiver Mobilität und einer lebenswerteren, nachhaltigeren städtischen Umgebung zu vollziehen. Wir müssen unsere Prioritäten ändern, wir dürfen nicht länger die Infrastruktur an das Auto anpassen.“
Catriona Swanson – Verkehrsplanerin
„Wenn es darum geht, sich eine Stadt vorzustellen, in der die meisten Menschen mit dem Rad unterwegs sind, haben wir den Vorteil, dass wir nicht erst lange unsere Phantasie bemühen müssen. Wir können einfach einen Blick in die Niederlande werfen! Sie zeigen uns, dass es möglich ist.“
„In einer Stadt, in der die meisten Menschen mit dem Rad fahren, sind die Straßen viel ruhiger, was wiederum noch mehr Menschen ermutigt, zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs zu sein. In einer Stadt mit einem hohen Anteil an Radfahrern sind immer noch Autos auf den Straßen und kommen dort sogar einfacher voran. Studien zeigen, dass in Städten wie Amsterdam, in denen viele Menschen mit dem Rad unterwegs sind, sich auch Autofahrer besser zurechtfinden, da die vielen kurzen und unnötigen Fahrten mit dem Auto durch den Umstieg auf das Rad ersetzt werden.“
„Viele Menschen konzentrieren sich zu sehr auf geschützte Radspuren, doch eine Verkehrsberuhigung von Stadtvierteln und die Entflechtung von Auto- und Radnetzwerk ermöglichen viel eher eine sichere, direkte und weniger frequentierte Verkehrsführung für Radfahrer. So könnten die Menschen wählen, mit welchem Verkehrsmittel sie unterwegs sein möchten und wären nicht gezwungen, mit dem Auto zu fahren. Kinder, ältere Menschen und solche ohne Führerschein hätten die Wahl, wie sie sich durch die Stadt bewegen möchten.“
„Meine Aufgabe besteht darin, inklusive Communities zu schaffen. Viele Leute sagen, sie könnten nicht mit dem Rad fahren, weil ... Also müssen wir diese Hindernisse beseitigen und Raum schaffen für Lastenfahrräder, Dreiräder und E-Bikes, indem wir über die unterschiedlichen Anforderungen dieser Radfahrer nachdenken. Wenn wir in Wohngebieten sichere Abstellmöglichkeiten für große oder schwere Räder wie E-Bikes schaffen, Parkplätze für Fahrräder und eine etwas angepasste Radinfrastruktur dann hilft das allen.“
„Viertel mit weniger Verkehr sind ruhigere Orte. Wo weniger Flächen als Parkplatz für Autos benötigt werden, entsteht mehr Raum für etwas anderes wie Bäume und kleine Parks. So wird eine Gegend attraktiver. Das hilft auch den Geschäften vor Ort. Wenn wir es den Menschen einfacher machen, sich freier zu bewegen, besuchen sie auch öfter die Läden, Cafés und Geschäfte in der Umgebung.“
„Die Kinder wären unabhängiger, da ihre Eltern darauf vertrauen könnten, dass sie auf der Straße sicher unterwegs sein und dort spielen können, was wiederum dazu führt, dass die Eltern eher miteinander ins Gespräch kommen. Ist man zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, trifft man eher die Menschen aus der Nachbarschaft und kann kurz für ein Schwätzchen anhalten. Die Vorteile des Wohnens in ruhigeren Gegenden mit sauberer Luft sind gut dokumentiert. Wenn mehr Menschen radfahren und die Verkehrsbelastung sinkt, führt dies zu gesünderen und glücklicheren Communities.“
Chris Oliver – Emeritierter Professor für Medizin und Chirurgie
„Es wäre wundervoll, in einer Stadt zu leben, in der alle mit dem Rad fahren. Mehr Menschen auf dem Rad hätten einen unglaublichen Effekt auf das Stadtleben, die Gesundheit und die Umwelt. In vielen Städten wird eine solche Umstellung noch Jahre in Anspruch nehmen, viel Willen erfordern, politische Veränderungen und viel Zeit vorausgesetzt. In Großbritannien beispielsweise hinken wir den Niederländern 40 bis 50 Jahre hinterher.“
„Ist man jeden Tag 30 Minuten lang körperlich aktiv, lebt man unter Umständen auch länger – aktuell bis zu 7 Jahre länger als der Bevölkerungsdurchschnitt. In unserem Land ist die Bevölkerung heute sogar weniger körperlich aktiv als noch vor zehn Jahren, was absolut schockierend ist. Wir müssen mehr Menschen auf das Rad bekommen, um von den gesundheitlichen Vorteilen zu profitieren.“
„Würden mehr Menschen radeln, hätte dies einen gewaltigen Effekt auf die zunehmende Fettleibigkeit. Wer regelmäßig mit dem Rad unterwegs ist, nimmt im Jahr bis zu 10 Kilo ab. Es ist bekannt, dass Menschen mit Diabetes Typ 2, die 10 Kilo abnehmen, die Krankheit dadurch viel besser in den Griff bekommen. Operationen für Magenverkleinerungen und Magenbypass sind extrem teuer – der Einzelne könnte gesundheitlich immens profitieren und die Krankenkassen könnten Milliarden sparen, wenn mehr Menschen durch regelmäßiges Radfahren abnehmen. Wenn man Diabetes Typ 2 eindämmen kann, erfordert dies weniger Medikamente, weniger Operationen und Amputationen und hat abgesehen davon viele andere positive Effekte für die Gesundheit.“
„Das ist für alle gut, nicht nur für den Radfahrer an sich, sondern auch für den Rest der Bevölkerung. Die Umweltverschmutzung sinkt, was für die Lungengesundheit eine gute Nachricht ist. Neben der mentalen verbessert sich auch die physische Gesundheit. Mit einer kleinen Spritztour auf dem Rad lässt sich auch die Stimmung verbessern! Die Leute kommen zufriedener bei der Arbeit an und haben mehr Energie. Allerdings brauchen wir entsprechende Einrichtungen, beispielsweise Duschen oder sichere Abstellplätze.“
„Der Kampf zwischen Radfahrern und Autofahrern macht mich traurig. Würden mehr Menschen auf das Rad steigen, wären alle sicherer. Dann gäbe es auch mehr Verkehrsteilnehmer mit mehr Verständnis für Radfahrer. Es ist wichtig, hier schon bei den Kindern anzusetzen. Wenn Kinder zur Schule laufen oder mit dem Rad fahren, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch mit zunehmendem Alter weiter zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. Es verändert die Einstellung – die Kinder gehen nach Hause und möchten mehr Radfahren, was wiederum auch ihre Eltern zum Radfahren ermutigt.“
„Radfahren ist für die gesamte Gesellschaft gut, da es die Umweltverschmutzung verringert und so für eine gesündere Umgebung sorgt. Und für ein sichereres Umfeld, in dem immer mehr Menschen gerne zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. Durch Investitionen in Radinfastrukturen spart ein Land sogar Geld, da hierdurch Diabetes Typ 2 und Fettleibigkeit bekämpft werden, was wiederum die Krankenkassen entlastet.“
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